Kinderseite Rheinpfalz vom 20. Mai 2017
Tajo-Nicolas’ Hobby: Über den Sand flitzenBeim „Speedway“ fahren sogar schon Kinder mit ihren eigenen Motorrädern um die Wette

Von Brigitte Schmalenberg

 

Endlich gab’s diese Woche mal so richtig Sonne! Unsere Biberfamilie hat deshalb ihre sieben Sachen gepackt, um einen Ausflug ins Waldfreibad nach Herxheim zu machen. Aber es kam mal wieder ziemlich anders, als wir dachten …

Nils hat es zuerst gehört: „Klingt wie ein Motorrad, aber ich sehe keines“, meint er verdutzt, denn auf der St. Christophorus-Straße, die zum Schwimmbad führt, ist weit und breit nichts zu sehen. Aber es gibt keinen Zweifel – schon wieder das Motorengeknatter. „Das muss hinter dieser Tribüne sein“, sagt Papa Nagbert und zeigt auf einen Betonbau gleich neben uns. Neugierig schlagen wir die Richtung ein und entdecken ein großes Stadion, dessen Oval keine Aschenbahn für Leichtathleten, sondern eher eine sandige Hubbelpiste ist.Darauf zieht ein ziemlich kleines Motorrad mit einem ziemlich kleinen Fahrer seine Runden, während ein paar Leute daneben stehen, kleine Hindernishütchen verstellen oder eine Fahne schwenken. „Ganz schön flott, die kleine Maschine“, findet Nals und pfeift anerkennend durch seine Schneidezähne. Und Nessy ergänzt lachend, dass es auch ganz schön staubig ist.

Jetzt aber kommt das Motorrad zum Stehen. Der Fahrer steigt ab und zieht sich den Helm vom Kopf. „Holla, die Waldfee“, ruft Mama Naglinde und reibt sich ungläubig die Augen: „Das ist ja ein kleiner Junge!“ Und bevor sie sich von der Überraschung erholen kann, sind Nessy, Nals und ich schon auf Tuchfühlung gegangen. „Bravo“, rufen wir und klatschen begeistert in die Pfoten. Natürlich haben wir im Fernsehen schon Motorradrennen gesehen, aber nicht auf einer Sandbahn! Und schon gar nicht mit Kindern am Lenker! „Das nennt man Speedway“, erklärt uns der Junge und erzählt: „Ich und meine Trainingskumpel von der Motorsportvereinigung Herxheim sind die Sandbahnkids.“

Weil diese Sportart nicht so sehr verbreitet ist, treffen sich im Herxheimer Waldstadion Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren aus der ganzen Region, um mindestens einmal im Monat zu trainieren. Unser neuer Freund Tajo-Nicolas Groh beispielsweise kommt extra aus Pirmasens angefahren – natürlich nicht mit seinem Motorrad, sondern mit Mama und Papa im Auto. Das Motorrad und das ganze Zubehör samt Spezialkleidung vom Ganzkörperanzug über die Brust- Bein- und Armschützer bis zum Helm gehören ihm selbst. Stolz zeigt er uns seine Maschine, die einen 50 Kubik-Motor und eine eigene Startnummer hat. „Da steht ja sogar dein Name drauf“, bemerke ich anerkennend und wundere mich dann darüber, dass die beiden Pedale verschieden sind.

„Das ist ganz typisch für das Speedway“, bestätigt Sandkids-Trainer Mario Wüst und erklärt: „Auf der linken Seite ist das Raster, auf der rechten der sogenannte Steigbügel. So kann der Fahrer die schwere Maschine besser steuern.“ Und „steuern“ bedeutet im Speedway immer links im Kreis herum. Das klingt einfacher, als es ist und erfordert viel Kraft, Konzentration, Disziplin und clevere Taktik, wenn man der Schnellste sein möchte. „Am besten läuft es, wenn man auf der Geraden so lange wie möglich beschleunigt und die Kurve so eng wie möglich nimmt“, weiß Tajo-Nicolas, der seit eineinhalb Jahren trainiert. Seine Maschine, die immerhin 40 Kilogramm wiegt und bis zu 70 Kilometer pro Stunde schnell werden kann, hat er schon gut im Griff.

Apropos Griff: Der hat es ganz schön in sich! Rechts ist da nämlich der Gashebel, links die Kupplung. Eine Hinterradbremse gibt es bei den kleinen Maschinen – im Gegensatz zum nächst größeren Modell – auch noch, aber die ist eigentlich tabu. Tajo-Nicolas versucht, die Geschwindigkeit nur mit dem Gas zu regeln und mit dem linken Fuß zu bremsen, bevor es in die Kurve geht. Damit seine Schuhe dabei nicht kaputt gehen, hat er den sogenannten Schleifschuh an, den er über den normalen Motorradstiefel zieht. Optimal fährt man dann in die Kurve, wenn man driftet. Für diese Technik muss man „das Vorderrad nach rechts lenken, während man links in die Kurve fährt“, beschreibt Tajo-Nicolas. Mit vollem Körpereinsatz gleicht man die Schieflage aus.

„Und dabei macht man sich nicht weh oder purzelt vom Motorrad?“, fragt Mama Naglinde ein bisschen ängstlich. Aber Tajo winkt lachend ab. Und wenn er mal stürzen würde, wäre er ja bestens gepolstert mit seiner Schutzkleidung. Ein bisschen Mut braucht man für das Speedway-Fahren aber schon: „Am Schwierigsten ist immer der Anfang“, verrät der Trainer. „Denn die kleinen Maschinen sind schon ganz schön giftig und flitzen vom Start aus gleich mächtig los.“ Aber das sei es ja gerade, was Spaß macht, findet Tajo-Nicolas, und dreht gleich noch mal eine Runde, um uns all das, was er so geduldig erklärt hat, mit Tempo auf der Bahn zu zeigen.
Infos

– Speedway-Schnuppertraining für Kinder bei der Motorsportvereinigung Herxheim: 10. Juni, ab 10 Uhr im Waldstadion. Motorräder werden vom Verein gestellt.

– http://sandbahnrennen-herxheim.de